Sidi Bou Saïd wurde 1979 von der UNESCO zum Weltkulturerbe ernannt. Noch heute gelten strenge Vorschriften, neue Häuser im gleichen Stil und vor allem in weiß-blau zu gestalten, um ein einheitliches und harmonisches Bild zu gewährleisten.
Museum mit 360°-Aussicht
Die ehemalige Sommerresidenz der Familie Annabi im alten traditionellen Stil aus dem 18. Jahrhundert liegt im Herzen von Sidi Bou Saïd. Fünf Generationen lebten hier, bis es von Mohammed Annabi und dessen Sohn Taib als Museum umfunktioniert wurde. Besucher können erleben, wie ein traditionelles, privates Haus dieser Gegend gestaltet ist: von der privaten Bibliothek, einem Gebetsraum und Wohnräumen bis hin zum andalusischen Garten und der Terrasse mit sagenhaftem 360°-Blick über die Bucht von Tunis, die Vororte von Karthago und auf das bunten Treiben im Dorf. Allein für den sensationellen Ausblick haben sich die knapp 4 Dinar Eintritt gelohnt. Ein süßer Minztee zum Abschluss der Besichtigungstour im Patio rundet den Besuch ab.
Im Dar el Annabi lassen sich zudem private Familienfeiern wie Hochzeiten, Beschneidungen oder Geburtstage – wahlweise auf der großen überdachten Terrasse oder bei schönem Wetter auch im schönen andalusischen Patio – ausrichten.
Nach dem Besuch des hübschen Museums sind wir mit Khmaies verabredet, einem Freund der Familie, der nach seiner langjährigen leitenden Funktion bei Tunis Air nun als Leiter der Stadtverwaltung und Standesbeamter heute ein junges Paar getraut hat. Wir ziehen gemeinsam ins Café des Nattes und schwärmen von dem hübschen Haus und der schönen Aussicht. Da erzählt uns Khmaies, dass das Dar el Annabi seit 2017 auch Drehort für eine der bekanntesten (Ramadan-) Serien Tunesiens genutzt wird.
Drehort für „Nsibti Laaziza”
„Nsibti Laaziza”, was soviel bedeutet wie „Geliebte Schwiegermutter”, wird auch in anderen Ländern des Maghreb ausgestrahlt und auch Raja kennt fast jede Folge. Stimmt – jetzt wo er’s sagt! Während Raja die meisten Folgen zwischendurch über Youtube schaut, ist „Nsibti Laaziza” bereits seit 2010 auf den tunesischen Flimmerkisten regelmäßig zur Ramadanzeit zu sehen. Bis 2018 erschien fast jedes Jahr eine neue Staffel. Während der Fastenzeit sind die regulären Arbeitszeiten meist verkürzt, alle fiebern der Dämmerung entgegen und versuchen, die Zeit bis zum Iftar, dem gemeinsamen Fastenbrechen, zu überbrücken. So verbringen jung und alt oft viel Zeit im Kreis der Familie kollektiv vor dem Fernseher und schauen Serien wie diese.
Die Serie handelt vom Immobilienmakler Hassouna, der mit seiner Frau Hayet zusammen ein ruhiges und unbeschwertes Leben führt, bis seine Schwiegermutter Fatima die beiden überraschenderweise besucht. In Begleitung ihres Sohnes Monji, also Hayats vom Unglück verfolgten Bruder, beschließt Fatima, ihren Aufenthalt bei ihrer Tochter und ihrem Schwiegersohn zu verlängern, was Hassounas Leben unerträglich macht. Zusammen mit seinem Freund Babboucha versucht er, Fatima wieder loszuwerden. Die Geschichte spielt anfangs zwischen Hassounas Haus, seinem Büro und dem Gebrauchtwarenladen seines Freundes und Komplizen. All diese Schauplätze befinden sich in der Rue des Andalous, mitten in der Medina von Tunis. Nach vielen Geschichten, die das tunesische Leben schreibt und neuen Charakteren wie dem durchgeknallten El Fahem und dem schlauen Azouz aus New York, die die humorvolle Serie bereichern, zieht die Familie schließlich nach Sidi Bou Saïd um – eben in die Kulissen des Dar el Annabi.
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