Wir wagten den Weg mit dem Auto von Tunis, über Hammamet und das Cap Bon, über Sousse und Monastir, mit Zwischenübernachtung in Sfax, weiter über Gabes bis nach Djerba.
Dieser Insel mit ihren Palmen haftet wahrlich der Charme der Südsee an. Man fühlt sich versetzt in die Poesie der Vergangenheit und die Märchenwelt des Orient. Nicht ohne Grund haben wir unserer farbenfrohen Lieblings-Tücher-Serie im Shop den Namen der Insel gegeben. Manche behaupten sogar, Djerba sei Afrika im Kleinen.
Djerba als Pauschal-Reiseziel
Das Klima auf Djerba ist, verglichen mit den typischen Wüstentemperaturen in dieser Region, ein eher mediterranes, denn das Mittelmeer mildert die hohen Temperaturen etwas ab. Die beste Reisezeit für die rund 30x30km große Insel ist meines Erachtens der Herbst von September bis November: In dieser Zeit ist es noch warm, die Strände sind viel leerer und das Wasser hat immer noch Badetemperatur.
Djerbas internationaler Flughafen liegt nur 20 km vom Fährschiffhafen und vom kleinen Schwammfischerdorf Adjim entfernt. Daran erkennt man wie nah technische Gegenwart und traditionelle Handwerk beieinanderliegen. Über das über Jahrtausende überlieferte Schwammfischen haben wir ja bereits ausgiebig berichtet.
Was wir mal wieder beobachten: Viele Djerba-Touristen verbringen ihren Urlaub ausschließlich in einer All-Inclusive-Anlage am Strand. Sie wollen Sonne tanken, günstig Urlaub machen und trauen sich teils nicht vor die Tore der Hotelanlage auf Grund von gängiger Vorurteile. Meines Erachtens ist es eine Frage des Verstandes und des eigenen Auftretens. Tunesien ist so ein tolles Land, die Menschen sind herzlich und gastfreundlich: Seid neugierig, offen und höflich!
Vom Festland nach Djerba
Hat man nicht gerade ein Pauschalreise so wie wir gebucht, gibt es zwei Möglichkeiten vom Festland auf die Insel zu kommen: über den Römerdamm, auf arabisch “El Kantara“. Diese ca. 7 km lange Straße wurde einst von den Römern mitten durchs Meer gebaut und versorgt Djerba mit Strom, Wasser und den wichtigsten Dingen wie z.B. Lebensmitteln. Wir entscheiden uns für eine Fähre, die in gemütlichem Tempo Fußgänger, Radfahrer, Autos und LKWs hin- und her transportiert. Diese ist leider so voll beladen, dass man nicht mal die Autotür öffnen kann und während der Fahrt aussteigen kann. Wer hier den ein oder anderen Bericht gelesen hat weiß, dass ich Schifffahrten nicht zu meinen Favoriten zähle. Ein leicht beklemmendes Gefühl kündigt sich im Hals an und ich rede mir ein, das Wasser sei an dieser Stelle ja nicht tief – da legen wir auch schon an!
Wir hatten bei unsere ersten Tour nach Djerba vorab kein Hotel gebucht, schließlich war Nebensaison und wir wollten uns nicht festlegen, wann genau wir ankommen. Unterwegs von Tunis hierher gab es ja schließlich auch einiges zu sehen. Das stellte sich als kleines Problem heraus, denn ich hatte nach unserer Hochzeit aufgrund der Kurzfristigen Reise nach Tunis im Anschluss nicht sofort meinen Namen im Pass und Ausweis ändern lassen und hatte für den Flug nach Tunis die Heiratsurkunde mitgenommen. Dummerweise hatte ich für unseren Roadtrip nach Djerba bloß meinen Ausweis in der Tasche und wir konnten somit nicht nachweisen, verheiratet zu sein. Zwei Versuche, ein Hotelzimmer vor Ort zu buchen, scheiterten noch beim Pförtner. Ohne Heiratsnachweis und obwohl Raja in Deutschland geboren ist auch dementsprechend einen deutschen Pass besitzt durften wir kein gemeinsames Hotelzimmer beziehen. Uns blieb als letzte Lösung der Weg zur Tourismusbehörde. Zum Glück hatte der Beamte in Köln studiert, glaubte uns und vermittelte uns für die kommenden Tage ein herrliches Strandhotel. So konnte der Insel-Urlaub trotz Anlaufschwierigkeiten beginnen.
Besonderheiten auf Djerba
Die wenigen Sehenswürdigkeiten, die die größte Insel Nordafrikas zu bieten hat, sind überschaubar. Landschaftlich ist Djerba das genaue Gegenteil vom grünen Norden des Landes. Die Insel am südöstlichen Zipfel Tunesiens ist flach, sandig und trocken. Das lädt in erster Linie sicherlich ein, die Seele am Strand baumeln zu lassen, dennoch lassen sich hier ein paar sehenswerte Orte entdecken und abwechslungsreiche Tage verbringen.
Bauweise
Klare Linien und ein grelles Weiß, das sich gegen das Grün der Palmen, gegen das Blau des Himmels in scharfen Konturen absetzt. Djerbas Bauweise der Moscheen zeugt von fast demonstrativer Schmucklosigkeit vergleicht man die Gotteshäuser beispielsweise mit den prachtvollen Ölbaummoschee in Tunis oder der Sidi Oqba Moschee in Kairouan. Hier sind sie meist schlicht weiß mit gestauchten Minaretten.
Unterirdische Mühlen
Im Sommer ist es sehr heiß und von Juni bis August fällt so gut wie kein Regen. Überall auf der Insel findet man seltsame flache Kuppeldächer. Man vermutet kaum, dass sich darunter unterirdische alte Olivenöl-Mühlen befinden. Durch die Kühle und die sehr gleichmäßigen Temperaturen wurde die Herstellung von Öl wesentlich erleichtert. Durch einen Gang konnte man die Mühle die von einem Dromedar oder auch Esel angetrieben wurde erreichen. Im Museum von Guellala können ihr euch das näher ansehen.
Traditionelle Kleidung
Im Gegensatz zum weißen, traditionellen Sefsari trägt Frau hier vorzugsweise bunte große Tücher, die ähnlich einem Sefsari um den gesamten Körper getragen werden. Gegen die Sonne schützt zudem ein Strohhut.
Jüdische Gemeinde
Wenn es nichts gäbe, das für Djerba spricht, so könnte es in diesem friedlichen nebeneinander arabischer und jüdischer Welt liegen, wie es hier traditionsgemäß und selbstverständlich ist. Die La-Ghriba-Synagoge, einst ältestes jüdisches Gebetshaus in ganz Nordafrika gilt als eine der berühmtesten Sehenswürdigkeiten. Über die jüdische Präsenz auf der Insel berichten wir in einem gesonderten Artikel.
Handwerk auf Djerba
Ob ein Besuch des Künstlerdorfes Djerbahood, eine Fahrt zum 54m hohen, klassisch rot-weiß-gestreiften Leuchtturm Ras Tourgueness an der Nordwestspitze oder zur Ruine Ras el Kastil auf einer Landzunge im Süden der Insel, es ist schon ratsam – über die Schablonen einer organisierten Busrundfahrt hinausgehend – entweder für 2-3 Tage einen Mietwagen zu nehmen oder einen Taxifahrer des Vertrauens zu finden, der einen an diesen Tagen exklusiv für einen angemessenen Gesamtpreis zur Verfügung steht.
Am besten organisiert man sich so, dass man es wie wir Donnerstag oder Freitag auch noch zu den Märkten in den zwei größten Orten der Insel schafft.
Man sagt, jeder Ort Djerbas hat sein eigenes Handwerk. Im Folgenden seien nur die zwei der bekanntesten genannt:
Weberei
Schon an der Form einige Häuser, die dem Webstuhl einen angemessenen Platz bieten müssen, genauer gesagt vier an jeder Seite, erkennt auch der Fremde die Weberdörfer wie Mellita, Beni Driss und Ghizen. Hier sitzen meist die Männer am Webstuhl, während die Frauen die Wolle waschen.
Töpferei
Das im Süden Djerbas gelegene Dorf Guellala zählt nur etwa 8000 Einwohner, die in erster Linie berberischen Ursprungs sind. Hier befinden sich reiche Vorkommen an Tonerde, was diesen Ort weit über seine Grenzen als Spezialist der Töpferei ausgezeichnet hat.
Djerbas größte Städte
Bunte Märkte, traditionelle Hochzeiten in Midoun
Djerba ist ein geschichtsträchtiger Ort: Punier und Römer, Berber, jüdische Händler und türkische Seeräuber prägten die kleine Insel an der Grenze zwischen Orient und Okzident. Ebenso vielfältig präsentiert sich die lebhafte Stadt Midoun. Der Ort liegt in einer der fruchtbarsten Regionen von Djerba und ist von Obst- und Oliven- und Dattelhainen umgeben. Angeblich sollen allein auf Djerba über 1 Mio. Dattelpalmen stehen.
Im Zentrum Midouns finden regelmäßig Wochenmärkte statt, die sicher einen Besuch wert sind. Wir sind an einem Donnerstag hier und nutzen die Gunst der Stunde in Djerbas zweitgrößter Stadt den Markttag mitzuerleben. Stände für Obst und Gemüse, Trödel, Keramik, Tücher und Kleidung reihen sich fließend aneinander.
Man berichtet uns, dass Freitags früh bis ca. 9 Uhr hier auch der Viehmarkt statt, bei dem man den Einheimischen beim lautstarken Verhandeln und Feilschen um Pferde, Schafe, Kühe, Ziegen, manchmal sogar Kamele zuhören kann. Wieviel Show für die Touristen dahinter steckt können wir nicht beurteilen, schließlich haben wir gehört, dass hier in Midoun immer wieder Dienstags am Place de l’Indépendance eine sogenannte Berberhochzeit stattfindet. Eine Gruppe Musiker zieht mit Trommeln und Flöten lautstark über den Platz. Hinter ihnen folgt die Braut, die in einer auf einem Dromedar befestigten Sänfte ihrem Bräutigam überbracht wird.
Wenn man schonmal in Midoun ist, dem sei ein Ausflug von hier zu dem kleinen Ort Mahboubine mit der sehenswerten Moschee El Kateb empfohlen. Der ungewöhnliche Bau stammt aus dem 19. Jahrhundert und erinnert an eine verkleinerte Kopie der Hagia Sophia in Istanbul.
Altstadt in Houmt Souk
Der quirlige Inselhauptstadt mit rund 63.000 Seelen ist Houmt Souk, was übersetzt soviel wie Marktknotenpunkt heißt. Houmt Souk war der Warenumschlagsplatz zwischen Wüste und Mittelmeer, hier endeten die Karawanen aus der Wüste und von hier wurden Waren wie Elfenbein, Gold aber auch Sklaven in den Mittelmeerraum verschifft.
Das Spannendste an Houmt Souk sind bis heute die teilweise überdachten Gässchen, wo sich Weber, Schneider, Juweliere, Gerber, Kupferstecher, Teppich-, Leder- und Parfümhändler finden. In der Luft mischen sich Düfte von getrockneten Kräutern und Gewürzen mit dem Aroma von Leder und Teppichen. Ich mag diesen Geruch – für mich riecht das nach Heimat. Zwischendurch nimmt man in einem der kleinen Cafés platz, genießt eine Zitronade und beobachtet einfach das bunte Treiben drumherum. Heute haben sich alle Händler hauptsächlich auf den touristischen Bedarf ausgerichtet, aber trotzdem haben einige kleine wundervolle Lädchen mit Waren für den alltäglichen Gebrauch ihren alten Charme behalten.
Wer nicht die üblichen Souvenirs, sondern etwas Besonderes aus Tunesien mitnehmen möchte, der sollte ins Atelier de Nattes. Hier arbeitet vermutlich einer der letzten Korbmacher Djerbas und produziert seit Jahrzehnten die schönsten Körbe, Lampen, Taschen und vor allem Matten aus Palmenblättern.
Djerbas Handwerker, oft noch mit traditioneller Chechia und in langer Jibba bekleidet ähneln alten Postkartenmotiven und erinnern an frühere Zeiten.
Besonders nett fanden wir auch das Atelier El Houch. Es befindet sich in einem typisch djerbischen und nach dessen Baustil errichteten Hauses in Houmt Souk. Unser Augenmerk gilt hier sehr schöner und individueller Töpferkunst. Hier finden auch regelmäßig Schulungen, Workshops, Ausstellungen und Veranstaltungen statt.
Auch der Hafen ist einen Besuch wert: Wir landen im Restaurant „Haroun” am Hafen mit wunderschönem Blick aufs Meer. Das traditionsreiche Restaurant befindet sich hier seit mehr als 35 Jahren. Wir suchen uns einen frischen Fisch und Meeresfrüchte direkt aus der Auslage aus und lassen den Tag ausklingen.
Ward ihr schon auf Djerba? Wie hat’s euch gefallen? Habt ihr weitere Tipps zu einem Aufenthalt, die ihr mit uns teilen wollt? Dann schreibt uns!