Wer die tunesische Küche im Land kennenlernen möchte, hat die Wahl zwischen einigen wenigen exquisiten Restaurants und den Garküchen und Imbissbuden in der Medina, die den unterkühlten Charme neonerleuchtet Bahnhofshallen versprühen. Hier sitzt man nicht lange etwa zum Plaudern oder Freunde zum Essen treffen – hier wird aufgetischt, gegessen bezahlt: Fast food auf Tunesisch eben. Die Speisen brutzeln den lieben langen Tag auf kleiner Flamme. Wichtigster Geschmacksträger ist die reichlich beigemengte scharfe Paste Harissa.
Harissa ist eine köstliche Würzmischung aus roten, scharfen Peperoni, angereichert mit Olivenöl, Knoblauch und anderen Gewürzen abgeschmeckt. Rein und unverfälscht entfaltet die rote Paste – platziert in einem guten Schuss Olivenöl – als Vorspeise auf etwas Weißbrot ihren vollen Geschmack.
So in der Kichererbsensuppe Lablabi, die die Tunesier zum Frühstück löffeln, oder in Mechouia, dem Salat aus gegrillten Tomaten, Peperonischoten und Knoblauch, garniert mit Oliven und Kapern. Ganz gleich ob Fisch, Fleisch, Gemüse oder Brik, die fast durchsichtigen dreieckigen Teigtäschchen, die mit allerlei gefüllt an Straßenständen gleich wie im Restaurant serviert werden, der richtig dosierte Klecks Harissa krönt jedes Gericht.
Die meisten Gerichte sind orange-rot eingefärbt. “Wir verwenden in Tunesien viel Peperoni, Tomate und Paprika. Wenn das Gericht auf dem Teller nicht rot ist, isst es der Tunesier nicht”, erklärt Rafik Tlatli. Diese Tatsache unterscheidet Tunesien von seinen Nachbarländern. “Als die muslimischen Mauren vor den Christen aus Spanien fliehen mussten, brachten sie die damals noch unbekannten Peperoni und Tomaten mit.”
In der tunesischen Küche geht es auch deutlich schärfer zu als in anderen Ländern Nordafrikas. Dafür sorgt die berüchtigte Chilipaste Harissa, die so gut wie allen Gerichten eine feurige Note gibt.
Rafik Tlatli weiß, wie empfindlich der deutsche Gaumen ist. Ein Stipendium brachte ihn als Jugendlichen nach Dortmund, wo er Hotelmanagement studierte. “Seit ich wieder zu Hause bin, setze ich mich dafür ein, dass das Wissen über die traditionelle tunesische Küche nicht verloren geht”, sagt er in perfektem Deutsch.
Harissa Arbi
Harissa findet man hierzulande in fertiger Form in jedem gut sortierten türkischen oder arabischen Supermarkt. Meist in kleinen bis großen Dosen oder Tuben. Zugegeben, haben wir auch meist eine gekaufte Tube im Kühlschrank, wenn es mal schnell gehen muss.
Bei Gewürzhändlern findet man auch oftmals eine Harissa-Mischung, die meines Erachtens nichts mit richtiger Harissa zu tun hat.
In Tunesien unterscheidet man zu der Paste aus Dose oder Tube noch zur sogenannten Harissa Arbi. Was ist damit gemeint? Ganz klar – das traditionelle, hausgemachte, nicht konservierte Produkt. Das bekommt man in Tunesien auch frisch portionsweise im Souk oder im kleinen Lebensmittelgeschäft oder die Mama oder Schwiegermama macht es eben selbst. In Tunesien hat fast jede Familie dafür ihr eigenes Geheimrezept. Harissa ist nicht einfach nur scharf, es hat eine ganz eigene Würze, die ich in meiner Küche nicht mehr missen möchte.
Harissa selber machen
Die feurige Chili-Paste aus Nordafrika kannst du schnell selbst zubereiten. So hast du immer eine Würzmischung zur Hand, die deinen Speisen die richtige Schärfe verleiht oder ein nettes Mitbringels für Freunde und Bekannte, die auch gerne pikant essen.
Hauptbestandteil in Harissa sind scharfe, rote, getrocknete Chilis. In Tunesien sieht man zur Erntezeit im wahrsten Sinn in den Dörfern rot: Häuserdächer und Gehwege sind dann bedeckt mit den ausgebreiteten roten Schoten, die in der Sonne trocknen. Für die traditionelle Würzpaste Tunesiens brauchst du nicht viele Zutaten. Damit kannst du nicht nur traditionell nordafrikanische Gerichte zubereiten, sondern verleihst auch indischen Curries sowie asiatischen Gerichten eine feurige Note, auch das Grillwürstchen im Sommer schmeckt super damit.
Wenn du nicht wie wir gerade beim letzten Tunesien-Aufenthalt eingedeckt hast mit allen benötigten Gewürzen, achte in Deutschland beim Kauf unbedingt auf biologischen Anbau. Somit vermeidest du Produkte, die oftmals mit Pestiziden behandelt wurden. Für richtiges Harissa bevorzuge ich ganze Gewürze und mahle sie frisch. Auch ein hochwertiges Olivenöl trägt geschmacklich dazu bei.
Zutaten für selbstgemachtes Harissa
- 100 g getrocknete Chilischoten
- 8-10 Knoblauchzehen
- 1 EL Koriander
- 1 EL Kreuzkümmel
- 1 TL Salz
- Olivenöl
- als Variante zusätzlich ein bisschen getrocknete Minze
So bereitest du die traditionelle, tunesische Chili-Paste zu:
- Zieh dir unbedingt Handschuhe an oder vermeide zumindest die kommenden Stunden, auch wenn die hände längst nach der ZUbereitung gewaschen sind, die ins Auge zu fassen!
- Schneide die getrockneten Chilischoten seitlich auf und entferne einen Teil der Kerne, damit die Paste hinterher etwas feiner wird. Manche behaupten, dass die Kerne manchmal nicht so bekömmlich sind.
- Übergieße die Schoten mit kochendem Wasser und weiche sie etwa 30 Minuten ein.
- Schäle die Knoblauchzehen und gib sie mit den abgetropften Peperonischoten in einen Mixer. Püriere alles so fein, wie du es bevorzugst. Alternativ kannst du es auch im Mörser per Hand zu einer Paste verarbeiten.
- Gib Koriander, Kreuzkümmel, Salz und Olivenöl dazu und verarbeite es weiter, bis eine glatte Paste entsteht.
- Fülle deine Harissa in ein sauber ausgekochtes, trockenes Glas und bedecke die feurige Masse mit Olivenöl.
Das Öl bedeckt die Paste luftdicht und verhindert Schimmelbildung. Das verschlossenen Glas kannst du an einem kühlen Ort bis zu vier Monate aufbewahren. Geöffnet bleibt es im Kühlschrank bis zu drei Wochen frisch, wobei es bei uns meist viel schneller aufgebraucht ist – wir genießen die Paste sogar zusammen mit etwas Frischkäse als Brotaufstrich.