„Der Kaffee muss so heiß sein wie die Küsse eines Mädchens am ersten Tag, süß wie die Nächte in ihren Armen und die Flüche der Mutter, wenn sie es erfährt.”
Arabisches Sprichwort
Im Gegensatz zum Rest Nordafrikas, das eher Tee bevorzugt, ist in Tunesien ausnahmsweise Kaffee das heißeste Getränk der Wahl, und das Trinken ist ein gesellschaftliches Ereignis. Für Tunesier ist das Kaffeehaus heilig, ebenso wie der Kaffee, der dort serviert wird.
Geschichte des Kaffees
Der Kaffee und seine Kultur kam im 16. Jahrhundert mit den Osmanen in die Region und ist bis heute beliebt. Im Jahr 1846 wurde sogar die Hälfte der Cafés in Tunis von Türken geführt. Mit den mondänen Straßencafés und ihrer kosmopolitischen Kundschaft führten die französischen Kolonialherren die westliche Art des Kaffeetrinkens ein.
Studenten verschiedener Disziplinen und unterschiedlicher Glaubensrichtungen lernten und unterhielten sich, während sie jeden Tropfen des aromatischen Heißgetränkes genossen. Es war ein Ort, an dem Intellektuelle und Laien nebeneinander hockten und voneinander lernen konnten. Auch Politiker gesellten sich dazu, aber der größte Beitrag, den die „Kaffeehauskultur“ Tunesien bescherrte, war durch die Dichter.
Wir schlendern nach einem kleinen Mittagssnack in Hammamet weiter in eines „unserer” Cafes, das Sidi Bou Hadid. Ich liebe den Duft von frisch gebrühtem Kaffee, habe sogar jede erdenkliche Variante probiert, aber ich mag den Geschmack einfach nicht. Nein, auch kein Tiramisu! 😉 Ich bleibe bei Tee, während Raja an seinem Capucin, einem kleinen Espresso ähnlichen kurzen Kaffee mit einem mini Schluck Milch, nippt. Um uns herum sitzen Familien und Studenten, junge Paare – Kaffee war schon immer ein geselliges Getränk.
Entstanden in der Zeit, als sich die Männer des Dorfes vor Jahrhunderten Nachts um ein Lagerfeuer drängten und im Dunkeln der Nacht bei einem heißen Getränk plauderten, findet man in den engen Gassen jeder Medina, an vielen Ecken in den Wohnvierteln und entlang der geschäftigen Alleen überall noch Cafés, in denen sich ausschließlich Herren jeden Alters treffen, um Backgammon zu spielen, über Gott und die Welt zu reden und ihre Shisha zu genießen.
So wird Kaffee serviert
Die tunesische Kaffeekanne ist dem ursprünglichen Gefäß der Osmanen noch sehr ähnlich, aber der darin zubereitete Kaffee unterscheidet sich deutlich vom türkischen Mokka. Oftmals wird in Tunesien der Kaffee mit Geranien-, Rosen- oder Orangenblütenwasser aromatisiert. Kaffee und Blütenaromen zu mischen, ist auf den maurischen Einfluss zurückzuführen. Ein paar Tropfen genügen dabei schon.
andalusischen Adelspalästen, wurde aber bald weit verbreitet vor allem an Feiertagen übernommen. Um Völlegefühl entgegen zu wirken, soll ein kleiner blumig verfeinerte Kaffee Wunder wirken.
Die Art und Weise, wie Kaffee serviert wird, spielt ebenfalls eine wichtige Rolle. Nach tunesischen Traditionen und Bräuchen wird Kaffee im Sitzen getrunken. Das Prinzip von „To-Go“ gibt es nicht oder nur selten bei Ketten wie Starbucks, die zwischenzeitlich auch in Nordafrika vertreten sind. Obwohl mehr Menschen Kaffee trinken als jemals zuvor, sollte die Kunst des Kaffeetrinkens doch nicht in Vergessenheit geraten. Genuss sieht jedenfalls anders aus!
Das tunesische Morgen-Ritual
Traditionell trifft man sich täglich nach dem Fajr-Gebet vor Sonnenaufgang zum ersten Kaffee. Im Café neben der Moschee gibt es für ein paar Millim extra zum Kaffee Croissants. Das dunkle Getränk gehört zum Morgen. Man sagt, indem man gemütlich im Sitzen seinen Kaffee trinkt und sich für jeden Schluck Zeit nimmt, diszipliniert man während der Koffeinaufnahme auch seine Seele. Bei jedem Schluck rezitiert der Trinker den Namen Allahs, erinnert sich an den Schöpfer, mit man sie Trost findet. Man liest Zeitung und pflegt soziale Kontakte, wickelt unter Umständen sogar das ein oder andere Geschäft ab und beginnt gemütlich den Tag.
Musikalische Begleitung
„Malouf Tunsi” nennt sich eine Richtung der typischen Cafe-Musik. Die Texte könnte man auch als melodiöse, spirituell anmutende Poesie beschreiben. Dichter aus ganz Nordafrika konkurrierten in den Cafes, stellten ihr Talent für Wort und Melodie unter Beweis und kultivierten diesen Musikstil in den Kaffeehäusern.
Ursprünglich wurden lange Gedichte mit dem Ziel geschrieben, die Propheten zu preisen. „Malouf Tunsi” gehört zu einem traditionellen Kaffee dazu. Ohne Kaffee und den damit verbundenen Orten der Begegnung hätte sich vielleicht nie eines der größten Vermächtnisse der nordafrikanischen Kultur entwickelt.